Christiane Lüst, Gründerin der Aktion GEN-Klage, wurde am Mittwoch gemeinsam mit ihrem brasilianischen Mitstreiter Prof. Antonio Andrioli vom Bundestagsausschuss für Landwirtschaft und Ernährung in Berlin eingeladen, um über Ihre Eingaben zur Situation der Gentechnik in Deutschland beim UN-Menschenrechtsausschuss zu berichten. Dabei informierte sie den Ausschuss über den Stand der Umsetzung der Aufforderungen der UNO an die deutsche Bundesregierung zu diesem Thema.
Christiane Lüst hat bereits 2 Berichte – 2011 und 2018 – sowie gemeinsam mit dem Forum gerechter Welthandel 2023 einen Bericht über die menschenrechtlichen Folgen des Mercosur-Abkommens bei der UNO in Genf eingebracht.
Lüst: „Der UN-Ausschuss forderte politische Maßnahmen für den Gesundheitsschutz bei Lebensmitteln, die Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten und eine strafrechtliche Haftung deutscher Konzerne (Bayer-Monsanto, BASF etc.) für die verursachten Folgen ihrer Produkte. In Bezug auf Mercosur müssen Menschenrechtsfolgenabschätzungen vorgelegt werden. Das gilt auch für Pestizidexporte – das meiste wird für den Anbau von Gensoja und Genmais in Südamerika verwendet. Deutschland muss 2026 wieder einen Staatenbericht in Genf einreichen und über den Stand der geforderten Umsetzung berichten. Basis ist der Internationale Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte, den auch Deutschland ratifiziert hat – und sich damit verpflichtet, diesen einzuhalten. Der aktuelle Stand der Diskussion der Deregulierung der Neuen Gentechniken in Brüssel verstößt auch gegen das internationale Carthagena Protokoll zum Schutz der biologischen Vielfalt, das verbindliche Regeln zum Umgang mit Gentechnik aufgestellt hat. Eine Studie des BMZ hat festgestellt, dass der EU-Vorschlag auch damit nicht vereinbar ist.“ berichtete Lüst. „Mit der Einführung der Gentechnik sind diese Rechte verletzt. In Brüssel sollen nun am 3.12.25 Kennzeichnungspflicht, Patentfreiheit usw. wegfallen. Wir reden von einer unwiderruflichen Kontaminierung aller Pflanzen und niemand kennt die Folgen. In vielen Ländern ist die Ernährungssouveranität dadurch schon massiv gefährdet, wie die UNO jetzt auch in Kolumbien auf Basis unseres aktuellsten Berichtes zum Thema vom Frühjahr 25, festgestellt hat.“
Professor Andrioli berichtete anschließend über die aktuelle Situation und die Erfahrungen mit den in Brüssel diskutierten Neuen Gentechniken in Brasilien:
„Auch die neuen Gentechniken wie CRISPR CAS sind in Brasilien gefloppt. Klimaresistente Pflanzen funktionieren mit Gentechnik nicht. Wir forschen grad mit den alten Ur-Sorten und haben festgestellt, dass das, was schon immer da war, am besten klimaresilientest ist, weil diese alten Sorten vor allem so ein großes Wurzelwerk haben (das man nicht mit Pestiziden stören und beeinträchtigen sollte), dass sie alle anderen Test-Pflanzen – auch mit Ernteerträgen – weit überholt haben.
So können wir Euch in Europa nach unseren langjährigen Erfahrungen zu diesen Themen nur warnen, es zuzulassen! Gentechnik ist Gentechnik und Gentechnik ist nicht mehr rückholbar. Die ganzen Probleme, die wir und andere Länder wie Kanada, Mexiko, Argentinien mit langjähriger Gentechniknutzung und der nachfolgenden Kontaminierung nun haben, könnt Ihr Euch ersparen! Außer den Konzernen (mit Saatgut, Pestiziden und Patenten) wird NIEMAND davon profitieren. Monsanto, das jetzt ein deutsches Problem ist, hat alleine in meinem Bundesland Rio Grande do Sul nur mit Lizenzgebühren bei gentechnisch veränderten Saatgut in einem Jahr mehr verdient als das was die Landesregierung in Landwirtschaft investierte.“
„Es war eine Stunde angesetzt – und aufgrund des großen Interesses haben sich die Abgeordneten aller Parteien letztendlich sogar eineinhalb Stunden Zeit für uns genommen.“ freute sich Lüst. Sie war seit Beginn ihrer Tätigkeit beim UN-Ausschuss in Genf 2005 schon öfter zum Austausch in vielen Ausschüssen, aber auch in den zuständigen Ministerien eingeladen.
Ihr Fazit für die Entscheidung in Brüssel:
„Angesichts der verheerenden Folgen in Ländern wie Kolumbien, Argentinien, Mexiko, Indien, Kanada und Brasilien sollten wir grade in Europa die erneute Diskussion um Gentechnik umgehend beenden! Wir fordern, dass die Politik dem massiven Druck der Konzerne standhält, die Interessen ihrer Bürger vertritt und internationale Verbindlichkeiten und Gesetze einhält! Dafür wurde sie gewählt! Und Bayern kann langfristig nur gentechnikfrei bleiben (wie gesetzlich vorgeschrieben), wenn Europa gentechnikfrei bleibt. Sollte Europa fallen, wird die Kontaminierung nicht am Weißwurstäquator anhalten. Auch dies sollten unsere bayrischen Politiker bei der Abstimmung in Brüssel berücksichtigen und unsere bayrische Gesetze dort verteidigen!“


