Fastenzeit im Haus Sankara

Wir haben in der Faschingswoche mit einer 9-köpfigen Reisegruppe wieder alle unsere Hilfsprojekte in Italien besucht. Die erste Station war Casa Sankara, das autonome Container-Camp in der Nähe von Foggia/Apulien, in dem zeitweise bis zu 500 geflüchtete Afrikaner leben und sich mit Arbeit und Lernen auf ihre Integration in Italien vorbereiten können. Die Bewohner sind hauptsächlich Muslims aber auch Christen. Beide Religionen leben weitgehend friedlich miteinander, soweit es die Not und die Enge zulassen. Es sind eher ethnische Differenzen, die manchmal zu Auseinandersetzungen zwischen den jungen Männern führen, denn sie kommen aus Ländern mit Bürgerkriegen. Eine selbstgebaute geräumige Holzhütte ist gleichzeitig Kirche und Moschee. Die Männer haben die Sahara durchquert, viele Tote am Wegrand liegen sehen, Folter in Libyens Gefängnissen erlitten und sie sind mit viel Glück nicht im Mittelmeer ertrunken. Viele sind den unbeschreiblichen, mafiakontrollierten Ghettos in Italien entkommen, wo sie ausgebeutet wurden und unter Plastikplanen schliefen. Jetzt sind sie tief enttäuscht von der Fremdenfeindlichkeit Europas, dass sie mit ihrem Elend alleingelassen werden und unsichtbar bleiben. Sie sehen, dass Europa mit viel Geld und Gewalt nur seine Grenzen schützt aber nicht die Menschenrechte. Casa Sankara bietet Arbeitsplätze in der eigenen Gemüse-Landwirtschaft, unterstützt Sprachunterricht, gibt juristischen Beistand und bereitet die Bewohner auf ein selbständiges Leben vor.

Wir haben erlebt, wie viel Hoffnung diese Menschen in uns Besucher setzen, damit wir ihre prekären Lebensumstände öffentlich machen und die Politik zur Vernunft bringen. Wir tun was wir können. Aber tun wir das wirklich? Können wir nicht viel mehr? Wir stellen uns diese Frage täglich mit einem Blick auf das Spendenbarometer.

Mit einer Aktion zusammen mit der Karawane der Menschlichkeit und den Waldviertler Werkstätten haben wir es im letzten Jahr endlich geschafft, dem Camp eine Trinkwasserversorgung mit Brunnen, Pumpe, Leitungen und Wasserspeicher für die Großküche zu finanzieren. Am 1. März, am Tag unserer Ankunft begann der Ramadan, der Fastenmonat der Muslime. Wir hatten gehofft, bei unserem Besuch bereits die Küchennutzung zu erleben. Aber Hervé sagte uns, dass sie die Küche erst am Ende des Ramadan mit einem großen Fastenfest einweihen werden.

Wie haben gesehen, dass Menschen, denen es fern der Heimat an allem fehlt, was wir unter Lebensgrundlagen verstehen, für die Hunger und Entbehrung tägliche Begleiter sind, obendrein noch fasten können und aus ihrem tiefen Glauben heraus auch wollen. Kein Vergleich zu unserer Fastenzeit, in der wir – wenn überhaupt – vielleicht ein paar Tage lang weniger Alkohol trinken. Von Besinnung auf das Wesentliche, auf Bescheidenheit und Zufriedenheit in der Fastenzeit kann bei uns aus Gründen des Glaubens längst keine Rede mehr sein. Eine Tablette gegen den Kater am Aschermittwoch und weiter geht’s wie immer. Unser Wohlstand macht uns blind für das wirklich Wichtige!

Das Glück, nach vielen Jahren nun endlich frisches und sauberes Wasser zu haben, ist für die Menschen in Casa Sankara ein großer Luxus. Es gäbe noch viel mehr Möglichkeiten um zu unterstützen. Eine davon ist, unser NoCap-Crowdfunding weiter zu betreiben, mit Veranstaltungen, Vorträgen und Filmgesprächen zu bewerben und den Spendentopf für solche Projekte wie die Wasserversorgung von Zeit zu Zeit zu verteilen. Über 97.000 € haben wir im Lauf der letzten 6 Jahre gesammelt und an 15 verschiedene Projekte verteilt. Wir wollen jetzt die Hunderttausend überschreiten, denn es gibt unendlich viel Bedarf!

https://nocap.oeko-und-fair.de

Mbaye, Mitbegründer des Casa Sankara zeigt unserer Reisegruppe voller Stolz die Zisternen hinter dem Küchengebäude.

Im nächsten Beitrag berichten wir über das Feigenprojekt in Marone in der Gemeinde Tursi, ganz im Süden Kalabriens. Dort hat die Katholische Kirche mit viel Engagement ihres Pfarrers Don Antonio mit einem Joint Venture Projekt ein Stück Land gepachtet, eine Feigenplantage angelegt und Frauen mit Kindern eine Unterkunft und Arbeitsplätze zur Selbstversorgung eingerichtet. Wir konnten dieses und ein weiteres Feigenprojekt bei Matera ebenfalls mit Spendengeldern unterstützen.

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