Liebe Freundinnen und Freunde,

eine gute Nachricht hat uns zwischen den Feiertagen erreicht und eine andere spontane Aktion hat ein gutes Ende gefunden. Beide Geschichten haben nichts mit der heilen Welt zu tun, die wir uns in der Weihnachtszeit und im Neuen Jahr wünschen, aber wir möchten sie Euch trotzdem erzählen, weil sie uns die Augen öffnen für das wirklich Wichtige in unserem Leben.
Das ist Sidy, ein ehemaliger Landarbeiter, einer von hunderttausenden, die in Südeuropa seit Jahren von den Bossen ausgebeutet werden. Er hat als Tagelöhner für 25 Euro am Tag in den Obstplantagen geschuftet. Nicht selten wurde ihm der Lohn verweigert, denn ohne Papiere war er abhängig und wehrlos. Wegen seiner prekären Lage musste er unter Brücken in Corigliano/Rosarno in Kalabrien leben. Seit über einem Jahr schläft er in einem Verschlag aus Pappe und Wellblech.
Yvan Sagnet vom Projekt NoCap und Gianantonio Ricci vom Projekt Spartacus arbeiten zusammen und haben zwischen den Feiertagen Sidy aus dem Elend geholt.
Yvan Sagnet: "Das ist jetzt vorbei. Seit Weihnachten ist er vor Kälte und Nässe geschützt und kann die Feiertage in dem Haus, das wir ihm zur Verfügung gestellt haben, in Ruhe und in Würde verbringen. In Kürze wird er in die legale Beschäftigungskette des NoCap-Netzes aufgenommen werden und damit in den Genuss eines regulären Arbeitsvertrags kommen."
Möglich ist das, weil wir den Vertrieb von NoCap-Tomaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz angekurbelt haben. Weil wir monatlich einmal mit Sammelbestellungen tonnenweise NoCap-Südfrüchte importieren und den Erlös zu 100% wieder spenden. Unsere Arbeit, die wir dafür aufwenden, dient ausschließlich dem guten Zweck. Deswegen ist für uns eine Nachricht aus Italien, wie die über Sidy, das schönste Weihnachtsgeschenk, das wir uns vorstellen können. (siehe auch die weihnachtliche Herbergssuche)
Außerdem ist das auch nur möglich, weil inzwischen so viele Weltläden, Bioläden und Kund*innen die Tomaten und Südfrüchte bestellen und die NoCap-Idee weiterverbreiten. Immer wenn Ihr Spaghetti mit Tomatensauce auf dem Teller habt oder eine saftige Orange schält, denkt bitte an Sidy und all die anderen, die auf italienischen Plantagen für Euer Essen geschuftet haben.

Und nicht zuletzt ist auch die große Spendenbereitschaft dafür verantwortlich, dass wir mit unserem Crowdfunding in den letzten drei Jahren inzwischen schon über 80.000€ an die verschiedenen Projekte verteilen konnten. Es waren vor allem die landwirtschaftlichen Projekte, aber auch die Wasserversorgung im Flüchtlingscamp Casa Sankara Ghetto Out, die Beschaffung und Reparatur von Fahrzeugen, die Sprach- und Führerscheinkurse oder die Mieten und die Renovierung von Unterkünften, die von dem Spendengeld profitierten. Ganz ohne Verwaltungsgebühr!
Wir kennen das Elend in Süditalien aus nächster Nähe von unseren Solidarreisen und den Führungen durch die Ghettos. (Nächste Mitfahrgelegenheit in den Faschingsferien). Deswegen wissen wir auch, dass die Hilfe für Sidy nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wir müssten unsere Anstregungen vertausendfachen, um sagen zu können: "Wir haben Erfolg gehabt." Nach dem vollständigen Rückzug der italienischen Regierung aus der Integration von Geflüchteten müssen wir unsere Anstrengungen verstärken, um das Elend zu vermindern. Die EU gibt Milliarden für die Migrationsabwehr aus, anstatt für viel weniger Geld Menschen zu beiderseitigem Vorteil zu integrieren.

Ein Vorsatz fürs Neue Jahr gefällig?

Wäre es nicht grandios, wenn Du das Neue Jahr mit einer Spende beginnen und damit die Not der meist afrikanischen Migrant*innen lindern würdest?
Jetzt sammeln wir gerade wieder für die Fortsetzung des Feigenprojekts von Don Antonio bei Metaponto speziell für Frauen mit Kindern. Sie leben in "Häusern der Würde", bekommen eine kleine Feigenplantage zur Verfügung gestellt, pflegen, bewässern und ernten die Bäume, verarbeiten die Feigen zu zahlreichen Produkten und verkaufen diese zur Verbesserung ihres Lebensunterhalts und der Schulbildung ihrer Kinder.

Und jetzt die zweite Geschichte

Sie hat noch eine Vorgeschichte:
Wir hatten Nico 2019 bei unserem Besuch in Riace kennengelernt. Nico aus Nigeria und sein Freund Barnabe aus Benin (beide strenggläubige Katholiken) hatten die Durchquerung der Sahara, die Folter in libyschen Gefängnissen und das Mittelmeer überstanden. Beide waren in ihren Heimatländern mit dem Leben davongekommen und wollten von Italien unbedingt weiter nach Deutschland, bzw. nach England. Mit Hilfe von zwei Mädchen aus der Flüchtlingshilfe stellten sie Asylantrag in Deutschland. Die Aussichten waren schlecht, weil sie zuerst in Italien registriert waren. Barnabe floh schnell wieder zurück nach Italien, weil er Angst hatte, in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Nico dagegen fand in Esslingen Arbeit und Unterkunft. Er fuhr 2022 zu seinem Anwalt nach Bologna um sich um seinen italienischen Asylantrag zu kümmern. Auf der Rückfahrt nach Esslingen wurde er in Bayern von der Bundespolizei aus dem Zug geholt. Gerade in dem Augenblick, als er mich telefonisch fragte, ob er bei uns übernachten könne, weil er den Anschlusszug von München nach Stuttgart nicht mehr erreichen konnte. Ich konnte ihm gerade noch sagen, dass ich ihn am Hauptbahnhof abhole, dann hörte ich nur noch im Hintergrund, dass er von der Polizei kontrolliert wurde. Sie nahmen ihm sofort das Handy ab und von da an war Nico wochenlang verschwunden.
Ich fand ihn schließlich im Innsbrucker Gefängnis, besuchte ihn dort und nachdem er nach Italien abgeschoben wurde, gelang es schließlich mit vereinten Kräften, dass er in Brescia bei einer Hilfsorganisation unterkam und er seine Esslinger Habseligkeiten wiederbekam. Sein Vergehen: Die deutsche Aufenthaltsgenehmigung war zwei Tage abgelaufen.

und hier ist die aktuelle Geschichte:
Zwei Tage vor Sylvester, am Sonntagnachmittag, erhielt ich einen Anruf von Nico. Sein gebrochenes Englisch ist am Telefon immer schwer zu verstehen. "Kannst Du mir helfen? Ich bin in Fehmarn bei der Polizei und wenn ich das Geld nicht bezahle, muss ich ins Gefängnis. Ich habe das Geld nicht." Er gab das Telefon weiter an einen (netten) Polizisten, der mir alles erklärte: Sie hatten ihn erneut, diesmal aus dem Flixbus rausgeholt und seine Papiere kontrolliert. Er hatte inzwischen wieder einen Reisepass und insofern war seine Fahrt in Deutschland völlig legal. Aber es stellte sich heraus, dass aus dem Abschiebeverfahren von 2022 noch eine Strafe wegen illegaler Einreise und Verwaltungsgebühren offen waren. 776 Euro sollte er sofort bezahlen oder er käme in Sicherungsverwahrung und somit wieder einmal ins Gefängnis. Ich versprach, das Geld noch am gleichen Tag bei der Bundespolizei in München bar zu bezahlen, und erhielt die Bestätigung, dass er dann auf freiem Fuß sein würde. So war es dann auch. Nico ist einen Tag später wieder in Brescia angekommen. Seitdem bekomme ich von Nico täglich Dankesschreiben und Glückwünsche auf Whatsapp.

Jetzt hat die Bundesregierung 776 Euro mehr, um die Abwehr von Migranten zu finanzieren, anstatt ihre Integration zu unterstützen. Nico ist nicht nur ein Mensch, dem wir Respekt schulden, sondern er wäre auch genau so eine Fachkraft, die bei uns dringend gesucht aber nicht gefunden wird. Ihr erinnert Euch vielleicht: unsere Politiker reisen auf Staatskosten (unsere Steuergelder) bis nach Brasilien, um dort „Arbeitskräfte“ anzuwerben: “Deutschland braucht Zuwanderung... mehr ausländische Fachkräfte!“. Ist das nicht absurd?

Stattdessen macht Nico aufgrund seiner Hautfarbe regelmäßig schlimme Erfahrungen mit der Polizei. Er würde endlich gern mehr europäische Sehenswürdigkeiten kennenlernen, als Gefängnisse und Polizeistationen von innen.

Ich habe mich für unser Land bei ihm entschuldigt.

Brennstoff

Unser lieber Freund Heini Staudiger von den Waldviertler Werkstätten hat in seinem neuen philosophischen "brennstoff", seine in jeder Beziehung außergewöhnlich anspruchsvolle Firmenzeitung, wieder einmal dem großen Thema Afrika gewidmet. Das Heft ist wieder großartig geworden.
Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Heini sehr erfolgreich zusammen. Wir nutzen seine "Afrika-Stiftung", um unser Crowdfunding zu verwalten. Beide zusammen unterstützen wir Projekte wie Casa Sankara, NoCap oder Felici da matti.

Ich verspreche Euch: "brennstoff" lesen ist Balsam für die Seele.

Deswegen möchten wir wärmstens ein Abonnement des "brennstoff" empfehlen. Der Brennstoff ist bestens als Geschenk geeignet, für alle, die sowieso schon alles haben außer Erleuchtung. Wir freuen uns schon jedesmal auf die nächste Ausgabe.

Heini erklärt, wie's funtioniert:
Brennstoff ist gratis, aber nicht umsonst. Wir freuen uns, wenn du uns 1x jährlich einen Wunschbetrag auf das unten stehende Konto überweist. So sicherst du das Überleben von unserem brennstoff Magazin. Manche zahlen 10€, manche zahlen 100€ - jedes FörderABO ist ein wertvoller Rückenwind und ein notwendiger Brennstoff für unseren "brennstoff". Vielen Dank. Ehrlich.

Überweisung
Werkstätten GmbH-GEA Verlag
BIC RLNWATWWOWS
IBAN AT11 3241 5000 0000 7898
Kennwort: brennstoff
Die besten Wünsche für Euer Neues Jahr!
Euer Karl Heinz Jobst